Warum Europas Quantencomputer bald nicht mehr frieren müssen

Das Fraunhofer-geführte ARCTIC-Projekt vereint 36 Partner zur Lösung einer Schlüsselfrage des Quantencomputings: Wie lassen sich Prozessoren auf extreme Minustemperaturen kühlen – skalierbar und industrietauglich? Europas Antwort: eine eigene Lieferkette für kryogene Technologien.
Inhaltsübersicht
Einleitung
Quantenprozessoren unter Null: Die technischen Hürden der Kryogenik
Wer mitkühlt, gewinnt: Europas Weg zur technologischen Souveränität
Wafer, Transistoren und Tieftemperaturtests: Fortschritte und Meilensteine
Fazit
Einleitung
Moderne Quantencomputer sind auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt angewiesen – doch genau diese Kryogenik macht ihre industrielle Skalierung beinahe unmöglich. Mit dem ARCTIC-Projekt will ein europäisches Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme (IPMS) das ändern. Ziel ist es, nicht nur neuartige Elektronik zu entwickeln, die bei tiefen Temperaturen zuverlässig arbeitet, sondern auch eine unabhängige Lieferkette für kryogene Technologien in Europa zu etablieren. Warum das nicht bloß physikalisch komplex, sondern auch geopolitisch brisant ist – und was das für die Zukunft des Quantencomputings bedeutet – zeigt dieser Artikel.
Quantenprozessoren unter Null: Die technischen Hürden der Kryogenik
Quantencomputer verlangen nach einem eiskalten Arbeitsumfeld – buchstäblich. Ihre empfindlichen Quantenbits, kurz Qubits, verlieren bei Raumtemperatur ihre Kohärenz, also ihre quantenmechanische Überlagerung, und damit ihre Rechenfähigkeit. Um das zu verhindern, müssen sie auf wenige Millikelvin über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt werden. An dieser Schwelle zwischen Physik und Technik setzt das ARCTIC-Projekt an.
Doch mit einer Kühlkammer allein ist es nicht getan. Die vielleicht größte Herausforderung besteht darin, funktionierende kryogene Elektronik zu entwickeln. Klassische Transistoren – winzige Schalter auf Siliziumbasis – verhalten sich unter Tiefsttemperaturen oft unberechenbar. Eingangssignale verschieben sich, Speicherelemente frieren regelrecht ein, und metallische Verbindungen können spröde werden. Was bei Zimmertemperatur milliardenfach funktioniert, versagt im kryogenen Vakuum.
Am Fraunhofer IPMS in Dresden versuchen Forscher:innen daher, das Verhalten von Halbleitern gezielt bei Kryotemperaturen zu analysieren und neue Materialien sowie Bauweisen zu entwickeln. Auch die Herstellung großflächiger Wafer für Quantenchips steht im Fokus – ohne sie bleibt die Skalierung der Systeme Wunschdenken. Ein Problem dabei: Viele etablierte Fertigungsprozesse müssen komplett neu gedacht werden, wenn sie der Kälte standhalten sollen.
Das ARCTIC-Konsortium bündelt dafür die Kompetenzen von 36 Partnern – von Materialien über Tieftemperaturtechnik bis hin zu Prozessautomatisierung. Ihr gemeinsames Ziel: Quantenprozessoren zuverlässig kühlen und damit den Weg für alltagstaugliche Quantencomputer in Europa ebnen. Wer kontrolliert, was bei -273 Grad funktioniert, kontrolliert vielleicht auch die Zukunft der europäischen Lieferkette Quantencomputing.
Wer mitkühlt, gewinnt: Europas Weg zur technologischen Souveränität
36 Partner, ein Ziel: Mit dem ARCTIC-Projekt etabliert Europa erstmals eine eigene Tiefkühl-Infrastruktur für die empfindlichsten Maschinen des 21. Jahrhunderts – Quantencomputer. Koordiniert vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (Fraunhofer IPMS) in Dresden, vereint das Projekt Spitzenforschung, industrielle Produktionserfahrung und Materialinnovation unter einem Dach.
Die Zusammenstellung des Konsortiums ist kein Zufall. Während Wissenschaftseinrichtungen Kernfragen der Kryogenik und der Halbleiterphysik unter Kryotemperaturen erforschen, arbeiten Unternehmen an der Serienreife von kryogener Elektronik. Ein Forschungslabor testet etwa, wie sich Transistoren bei minus 273 Grad verhalten, während ein Industriepartner parallel prüft, ob diese Bauteile in der Fertigung der nächsten Generation von Quantenprozessoren stabil bleiben.
Warum das so wichtig ist? Wer künftig Quantenprozessoren kühlen kann, ohne auf außereuropäische Lieferanten angewiesen zu sein, sichert sich nicht nur seine digitale Handlungsfähigkeit – sondern seine wirtschaftliche Zukunft. Noch dominieren die USA und Asien kritische Teile der Lieferkette im Quantencomputing, etwa hochspezialisierte Materialien oder Messsysteme für Tieftemperaturtechnik. ARCTIC zielt darauf, diese Abhängigkeiten zu durchbrechen.
Laut Projektanalyse beschreitet Europa damit einen strategisch notwendigen Weg zur technologischen Selbstständigkeit – ein Vokabular, das früher in Weißbüchern stand, heute jedoch konkret wird. Die Quantenforschung in Europa soll nicht länger frieren – sondern skalieren.
Technische Souveränität beginnt dort, wo die Temperatur endet.
Wafer, Transistoren und Tieftemperaturtests: Fortschritte und Meilensteine
Seit Projektstart im Jahr 2021 hat das ARCTIC-Projekt, koordiniert vom Fraunhofer IPMS, deutlich Fahrt aufgenommen. Ziel ist es, die Achillesferse der Quantencomputer – ihre Abhängigkeit von ultrakalter Umgebung – technologisch in den Griff zu bekommen. Und genau hier setzt die Forschung an: bei der kryogenen Elektronik, speziell bei Transistoren, die selbst bei wenigen Kelvin zuverlässig funktionieren sollen.
Ein zentraler Fortschritt betrifft die physikalische Charakterisierung von Halbleitern bei Kryotemperaturen. In mehreren Testreihen analysierten die beteiligten Partner die elektrische Performance klassischer Transistorstrukturen nahe dem absoluten Nullpunkt. Das klingt technisch – heißt aber praktisch: Der Projektverbund untersucht, wie sich Materialien und Ströme bei Temperaturen verhalten, bei denen Stickstoff längst gefroren wäre. Dabei konnten erste Optimierungen an der Gate-Struktur herkömmlicher CMOS-Bauelemente (also Standard-Halbleitertransistoren) unter kryogenen Bedingungen erzielt werden.
Diese Forschung ist elementar. Denn wenn die Steuerelektronik von Quantenprozessoren ebenfalls bei tiefen Temperaturen stabil arbeitet, muss weniger Infrastruktur aus dem warmen Bereich nach unten verdrahtet werden – ein Skalierungsfaktor, der bares Gewicht bei der Entwicklung von Superkühlanlagen spart. Auch die Herstellung großflächiger Wafer wird parallel vorangetrieben, um eines Tages ganze Racks aus gekühlten Qubits wirtschaftlich betreiben zu können.
Jenseits der Forschungsebene geht es ebenfalls sichtbar voran: Mit dem Aufbau einer europäischen Lieferkette Quantencomputing für kryogene Komponenten beginnt Europa, sich strategisch unabhängiger zu machen – ein kritischer Schritt, um im transatlantischen Wettlauf um Quantenforschung mithalten zu können.
Fazit
Das ARCTIC-Projekt zeigt eindrucksvoll, wie sich technologische Visionen in konkrete Maßnahmen übersetzen lassen. Die Arbeit an kryogener Mikroelektronik ist nicht nur ein physikalisches Abenteuer, sondern auch ein strategischer Hebel für Europas Rolle im Quantenzeitalter. Was hier entsteht, könnte die Grundlage für Quantencomputer bilden, die nicht länger nur im Labor existieren, sondern in echten Anwendungen wie Materialforschung, Medikamentenentwicklung oder Cybersicherheit. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die entwickelten Technologien zu industrialisieren – und damit Europas digitale Souveränität langfristig zu sichern.
Was denken Sie: Reicht Europas Anstrengung in der Kryogenik aus, um bei Quantencomputern mitzuhalten? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren oder teilen Sie den Artikel mit Ihrer Community.
Quellen
ARCTIC Projekt: Fortschritte in der Quantencomputerkühlung und kryogene Elektronik
Technische Meilensteine des ARCTIC-Projekts in der Quantencomputerkühlung
Bedeutung einer europäischen Lieferkette für kryogene Technologien im Quantencomputing
Physikalische und technische Herausforderungen bei Kryogenik im ARCTIC-Projekt
Skalierbarkeit von Quantencomputersystemen durch das ARCTIC-Projekt
Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Unterstützung von KI erstellt.